Insbesondere in Kleingärten ist leider oft zu sehen, dass Obstbäume irgendwo gekappt werden, als Reaktion darauf stark austreiben, wieder gekappt werden, wieder austreiben … bis sie jedes Jahr geschnitten werden (was bei erwachsenen Bäumen gar nicht nötig sein sollte) und früher oder später der Baum stirbt.
Die Begründung für so ein Vorgehen lautet oft, dass „der Baum zu groß wird“. Wie kommt es dazu und was sind die Alternativen?
Warum werden Obstbäume unterschiedlich groß?
Das Wuchspotenzial eines Obstbaums, also die erreichbare Endgröße, hängt sehr stark von der verwendeten Unterlage ab: das ist der „Wurzel-Teil“ des Baums, auf den die gewünschte Obstsorte in der Baumschule aufveredelt wird. Diese Unterlagen gibt es in verschiedenen „Formaten“, von sehr schwachwüchsig bis sehr groß – eine Übersicht finden sie z.B. beim BOGL e.V. (Beratungskräfte Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg).
Schwachwüchsige Unterlagen wurden speziell gezüchtet, um kleinbleibende Bäume zu ermöglichen: sie bilden nur wenige Wurzeln und der Baum kann daher nicht groß werden, ähnlich wie bei einer Topfpflanze.
Solche schwachwüchsigen Bäume müssen zwar lebenslang gepflegt werden (Bewässerung, Pfosten / Anbindung, Düngung), eben weil sie sich kaum selbst versorgen können – im Privat- oder Kleingarten ist das aber oft gut machbar und daher eine sinnvolle Option, um sich Ärger über „zu große“ Bäume zu ersparen.
Kleinbäume gibt es nicht nur in „klassischer“ Form (unten Stamm, oben Äste) – auch Spaliere, Säulenäpfel oder Spindeln können für kleine Gärten eine Bereicherung sein. Hier berate ich Sie gern bei der Planung und Sortenwahl.
Wo finde ich den passenden Baum?
Baumschulen bieten meist eine Auswahl verschiedener Unterlagen je Sorte an und informieren auch über das zu erwartende Wuchspotenzial. Ich empfehle u.a. deswegen, Bäume unbedingt bei einer Baumschule zu kaufen – nicht im Baumarkt und schon gar nicht im Supermarkt! Dort erhalten Sie meist nur Bäume aus Massenproduktion, ohne jede Information zur Unterlage, manchmal nicht einmal mit Sortenangabe (und falls doch, dann stimmt die auch nicht immer) … wenn Sie dann erst nach Jahren feststellen, dass Ihr Baum ganz anders wächst als erhofft, werden weder Sie noch der Baum auf Dauer glücklich.
Bezugsquellen (keine bezahlte Werbung, lediglich drei Betriebe, die ich empfehlen kann) finden Sie u.a. auf dieser Seite unter „Weitere Informationen“.
Auf Wunsch fertige ich auch Handveredelungen an auf eine Unterlage Ihrer Wahl – so lassen sich z.B. Obstsorten weitervermehren und erhalten, die schwer zu finden sind oder deren Namen Sie nicht kennen.
Baumschnitt als Wachstumssteuerung
Mit gezielten Schnittmaßnahmen kann das Wachstum eines Baums unterstützt und gesteuert werden, aber nicht verhindert. Ein Baum wird immer so groß werden „wollen“, wie es ihm sein Wurzelwerk erlaubt – ein Baum, der gar nicht mehr wächst, stirbt.
Wenn ein Baum als „zu groß“ empfunden wird, stellt sich zunächst die Frage: wer findet ihn zu groß (Sie selbst oder z.B. ein Vereinsvorstand) und warum? Ist das Problem tatsächlich die Höhe? Oder vielleicht eher: zu viel Obst, zu viel Schatten, zu viel Laub, zu viel Arbeit?
Wenn es rein um die Höhe geht, lassen sich auch ältere Bäume – sofern sie noch vital sind – oft durch fachgerechten Schnitt gut lenken (Kronenumstellung), idealerweise in Richtung der klassischen „Oeschberg-Krone“: diese Kronenform hat sich deswegen bewährt, weil die Spitze schmal gehalten wird, wenig Schatten wirft, und dadurch die Äste auch weit unten noch viel Licht bekommen – das ermöglicht eine reiche, gute Ernte in relativ geringer Höhe.
Eine solche Kronenumstellung erfordert in den ersten Jahren regelmäßigen Schnitt, meist zweimal im Jahr. Nach und nach lassen sich die Schnittintervalle dann verlängern; Ziel ist der Übergang zum Pflege-/Erhaltungsschnitt in 5- bis 10-jährigen Intervallen.
Sprechen Sie mich an, wenn Ihnen das für Ihren Baum sinnvoll vorkommt – Schnittmaßnahmen, die das Leben eines Baums verlängern, führe ich besonders gerne durch!
Schattenwurf und Laub
Oft sind gerade die Bäume, die unsachgemäß „kleingeschnitten“ werden, extrem dicht belaubt – das sind die typischen „Stachelschweine“, die man in Kleingärten häufig findet (unten krumme Äste, oben ein dichter Wald aus frischen Jahrestrieben).
Sobald einem solchen Baum durch planvolle Schnittmaßnahmen zum richtigen Zeitpunkt wieder ein normales Wachstum ermöglicht wird, lichtet sich die viel zu dichte Krone meist sehr schnell. Der Schatten eines normal belaubten Baums wird dann oft gar nicht mehr als störend empfunden, eher im Gegenteil: bei immer häufigeren Dürren und Hitzewellen kann der Baumschatten nicht nur für Menschen, sondern z.B. auch im Gemüsegarten ein wertvoller Beitrag zur Klimaregulierung sein.
„Zu viel“ Ertrag
Viele Obstbäume neigen – je nach Sorte mehr oder weniger stark – zur sogenannten Alternanz: sie tragen abwechselnd („alternierend“) ein Jahr sehr viel und ein Jahr sehr wenig. Das ist im Grunde ein normales, logisches Verhalten des Baums: während im Herbst die Früchte ausreifen, werden bereits die Blütenknospen des nächsten Jahres angelegt; wenn der Baum viel trägt, bleibt dafür nur wenig Energie übrig, im Folgejahr bei wenig Früchten dann wieder viel – der Baum blüht (und trägt) deswegen abwechselnd viel und wenig.
Die einfachste und effektivste Maßnahme, um hier gegenzusteuern, ist Ausdünnen des Fruchtbehangs, also Abpflücken der unreifen Früchte möglichst früh im Jahr. Das können Sie natürlich auch jedes Jahr tun, um den Ertrag insgesamt zu reduzieren.
Eine mögliche Alternative sind auch Mehrsortenbäume, also Aufveredelungen mehrerer Obstsorten auf den gleichen Baum: Sorten mit unterschiedlichen Reifezeitpunkten können dann über einen längeren Zeitraum beerntet werden. Kontaktieren Sie mich gerne, wenn Sie sich für eine (auch nachträgliche) Mehrsortenveredelung interessieren.
Bei meinen eigenen Bäumen habe ich mich einfach damit arrangiert, ein Jahr wenig und ein Jahr viel Apfelmus zu kochen (das reicht dann insgesamt genauso für zwei Jahre) – überschüssiges Obst könnten Sie aber zum Beispiel auch verschenken, an die Tafel oder sonstige Hilfsorganisationen abgeben, oder Saft daraus machen lassen (Adressen von Lohnmostereien finden Sie z.B. in dieser Übersicht des NABU).
Arbeitsaufwand
Je gesünder ein Baum ist und je unbehelligter er wachsen darf, desto weniger Pflege braucht er! Die meiste Arbeit machen (abgesehen von künstlerisch aufwendig gestalteten Bäumen z.B. an Spalieren) meist Bäume, die viel zu viel und falsch geschnitten werden mit dem Ziel, das Wachstum „niederzukämpfen“ – ein gesunder, ausgewachsener Baum sollte nicht öfter als alle 5 – 10 Jahre einen Erhaltungsschnitt brauchen.
Sprechen Sie mich an, wenn Sie hierbei professionelle Unterstützung möchten! Ihr Baum wird es Ihnen danken.
Auch was Bewässerung, Düngung und Resilienz gegenüber Extremwetter wie Hitzewellen und Dürre angeht, sind größere Bäume generell pflegeleichter als kleine: da sie ja größeres Wurzelwerk haben, können sie sich besser selbst versorgen und haben mehr Reserven.